BND zu Afghanistan-Einsatz:Düstere Prognose für die Bundeswehr

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52 Nato-Soldaten sind dieses Jahr in Afghanistan getötet worden - durch afghanische Sicherheitskräfte. In einer Studie warnt der BND vor einer Zunahme solcher Angriffe.

Peter Blechschmidt, Berlin

Die Nachricht aus Afghanistan wirkte wie eine Bestätigung. Wieder ist am Wochenende im Osten des Landes ein Nato-Soldat von einem afghanischen Kameraden getötet worden. Zugleich berichtet der Spiegel in seiner neusten Ausgabe von einer Studie des Bundesnachrichtendienstes (BND), in der vor einer weiteren Zunahme solcher Insider-Attacken gewarnt wird.

Ein Soldat der Bundeswehr sichert in Kundus ein Gebäude: Die Attacken auf Nato-Soldaten werden einer Studie des BND zufolge zunehmen. (Foto: Hannibal Hanschke)

Nach Angaben der Nato-Schutztruppe Isaf ereignete sich der Angriff am Samstag im Osten des Landes. Bei dem getöteten Soldaten soll es sich um einen Amerikaner handeln. Die Angriffe von afghanischen Angehörigen der Armee oder der Polizei auf Nato-Soldaten werden immer mehr zu einem ernsten Problem. Sie untergraben das Vertrauen der westlichen Truppen in die Zuverlässigkeit ihrer afghanischen Mitstreiter und erschweren so die Zusammenarbeit bei gemeinsamen Operationen gegen Taliban und andere Aufständische. Das gefährdet die Strategie der Nato, den Afghanen bis Ende 2014 die alleinige Verantwortung für die Sicherheit im Land zu übertragen. Nur wenn dies einigermaßen zuverlässig gewährleistet ist, wäre der Truppenabzug zu rechtfertigen.

Bei Anschlägen von Mitgliedern der afghanischen Armee und der Polizei sind in diesem Jahr bereits 52 Isaf-Soldaten getötet worden. Infolgedessen hatte Isaf gemeinsame Einsätze mit Afghanen vorübergehend stark eingeschränkt. Der Anschlag am Samstag wurde verübt kurz nachdem die USA erklärt hatten, diese Einsätze würden nun wieder auf das frühere Niveau hochgefahren.

1500 deutsche Soldaten bleiben möglicherweise weiter im Einsatz

Der BND geht nach Darstellung des Spiegel davon aus, dass die Zahl der Anschläge von Angehörigen der afghanischen Sicherheitskräfte gegen westliche Soldaten weiter zunehmen werde. Das Wiedereingliederungsprogramm für reumütige Taliban-Kämpfer habe keine Auswirkungen auf einen Friedensprozess. Auch nach dem offiziellen Abzug der westlichen Kampftruppen Ende 2014 würden bis zu 35.000 ausländische Soldaten, zumeist Ausbilder für die afghanische Armee, Kampftruppen für deren Schutz und möglichst viele Spezialkräfte zur Jagd nach Terroristen für die Stabilisierung des Landes gebraucht, heißt es laut Spiegel in der BND-Analyse weiter.

Was dies für die künftige deutsche Beteiligung an einer sogenannten Post-Isaf-Mission bedeutet, steht nach Informationen der Süddeutschen Zeitung noch nicht fest. Bundeswehr-Planer halten es jedoch für möglich, dass am Ende bis zu 1500 deutsche Soldaten weiter in Afghanistan im Einsatz sein könnten.

Unterdessen haben die Amerikaner die beschlossene Reduzierung ihrer Truppen in Afghanistan auf 68.000 Mann abgeschlossen. Sie sind damit wieder auf dem Stand vor dem sogenannten "Surge", der Aufstockung auf mehr als 100.000 Soldaten zu Beginn des Jahres 2010. Der "Surge" habe dazu beigetragen, das Momentum der Taliban zu brechen und die Aufstellung und Ausbildung der afghanischen Sicherheitskräfte nachhaltig weiter voranzubringen, heißt es in einer vertraulichen Unterrichtung des deutschen Verteidigungsministeriums an den Bundestag. Mancher Bundeswehr-Soldat, der unsicher ist, ob er seinem afghanischen Kampfgefährten trauen kann, wird dies möglicherweise anders sehen.

© SZ vom 01.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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